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Mauseloch

Libera Terra

Portrait Libera Terra

Das System Mafia

Was in Deutschland nur als peripheres Problem wahrgenommen wird- die Macht des organisierten Verbrechens- hat für die Menschen auf Sizilien und in anderen Teilen Italiens bittere Konsequenzen im Alltag.
Die Zeiten spektakulärer Attentate in Italien scheinen vorüber zu sein, aber die Mafias üben noch immer Gewalt aus, meist in Form von Sachbeschädigung, Einschüchterung und Schutzgelderpressung.

Begünstigt wird das System Mafia im Süden Italiens zum einen dadurch, dass z.B. Sizilien und Apulien zu den strukturschwächsten Regionen Europas zählen. Die Arbeitslosenquote für junge Menschen ist sehr hoch und der Sozialstaat in Italien greift hier kaum. So sind Armut und die vermeintliche Abhängigkeit von Gefälligkeiten, etwa der Beschaffung von Arbeit, Faktoren, die die verschiedenen Mafia- Organisationen am Leben erhalten.
Auf der anderen Seite stehen gut ausgebildete Personen in gesellschaftlichen Schlüsselpositionen, die sich von der Zusammenarbeit mit der Mafia Vorteile versprechen.
Gleichzeitig haben sich die verschiedenen italienischen Mafias (Cosa Nostra, Camorra, ’Ndrangheta,…) global ausgebreitet und sind international– auch in Deutschland– aktiv.

Immer wieder hat es mutige Menschen gegeben, die sich der Mafia entgegenstellten und dies häufig mit ihrem Leben bezahlten. Die Attentate auf die Richter Falcone und Borsellino in den 90er Jahren haben die Öffentlichkeit auf Sizilien eine Zeit lang mobilisiert, aber es fehlten langfristige Perspektiven, die auch eine wirtschaftliche Alternative zur Mafia darstellten.

 

Libera Terra & Addiopizzo

Libera Terra- befreite Erde

nennt sich ein Projekt aus Italien, das gegen mafiöse Strukturen arbeitet.
‚Unsere Produkte sind mehr als nur Lebensmittel. Sie sind ein Zeichen des Widerstands gegen die Macht der Mafia‘ –
Zitat Pater Don Luigi Ciotti, Gründer von LIBERA.

Seit es in Italien Gesetze gibt, die es dem Staat erlauben, schon bei begründetem Verdacht auf Mitgliedschaft in der Mafia zu enteignen sowie ebendiese konfiszierten Güter zivilgesellschaftlichen Organisationen zur Nutzung zu überlassen, gibt es Hoffnung.
So werden auf Sizilien und in anderen Regionen Italiens Kooperativen gegründet, um gerade jungen Menschen eine Perspektive in einem legalen Lebensumfeld jenseits der Mafia zu bieten.

Das Label ‚Libera Terra‘ darf nur nutzen, wer dem Kriterienkatalog entspricht.
Zu den ethischen, technischen und sozialen Kriterien gehört selbstverständlich, dass die Mitglieder der Kooperativen keine Kontakte zur Mafia haben. Aber auch Umweltschutz, faire Bezahlung und Behandlung der Arbeiter:innen, organischer Anbau und hohe Produktqualität sowie soziale Aktivitäten gehören dazu. Die Kooperativen haben die Aufgabe, Menschen mit körperlichen Einschränkungen die Mitarbeit zu ermöglichen und die konfiszierten Güter im Sinne des Allgemeinwohls zu bewirtschaften, sollen Vorbildfunktion übernehmen und Landwirte davon überzeugen, sich ihnen anzuschließen und sich von der Mafia abzuwenden.

Auf Böden verurteilter Mafiosi werden auch biologische Produkte produziert.

Addiopizzo

übersetzt ‚auf Wiedersehen Schutzgeld‘
ist eine Antimafia- Graswurzelbewegung, die 2004 in Palermo auf Sizilien gegründet wurde.

Sie entstand aus einer Generation, die unmittelbar die Gewalt der Mafia erfuhren, von Ereignissen in den 1970er- Jahren bis zu den Ermordungen der Staatsanwälte Falcone und Borsellino 1992-93, die einen gesamtgesellschaftlichen Ruck verursachten.

Falcone sagte, die Mafia ist ein menschliches Phänomen und wie alle menschlichen Phänomene hat sie einen Anfang und wird ebenfalls ein Ende haben. Addiopizzo trägt zu diesem Ende bei. Wie jede lokale Initiative kann eine verantwortungsbewusste Gemeinschaft auch anderswo unerwartete Veränderungen in Gang setzen, in Bezug zu diversesten Problemen.

Noch in den 00-er Jahren war es für alle Unternehmer in Palermo üblich, den Pizzo, das Schutzgeld, an die Mafia zu zahlen. Sich dem zu verweigern brachte Sachbeschädigungen und Gewalt bis hin zu Mord mit sich.

Eine Gruppe Student:innen eröffnete eine Kneipe und beugte Schutzgeldforderungen vor, indem sie Palermo mit Aufklebern übersäte: ‚Ein ganzes Volk, das Schutzgeld zahlt, ist ein Volk ohne Würde.‘
Es folgte eine Kampagne pro ethischen Konsums, unter dem Motto “Pago chi non paga”- Ich bezahle diejenigen, die nicht zahlen.
So gab es bald eine steigende Anzahl von Unternehmen, die sich öffentlich bekannten, nicht an die Mafia zu zahlen. Bis dahin unvorstellbar.
Ende der 2010er- Jahre waren es bereits über tausend Läden und Unternehmen, vor allem in Palermo, die der Addiopizzo- Kampagne beitraten, die jahreslang Schutzgeld zahlten und sich nun endlich mit der Hilfe von Addiopizzo und den Behörden davon befreien konnten.

 

2018 reiste ich mit ‚Addiopizzo Travel‘ nach Sizilien, um mich über die Mafia und die Gegenbewegung zu informieren. Eine nachhaltige, emotional höchst bewegende Reise.

Bevölkerung und Touristen können den Widerstand gegen mafiöse Strukturen wesentlich fördern, indem sie gezielt nur Unternehmen (Läden, Restaurants, B&Bs, Reiseunternehmen und Hotels,…) aufsuchen, die ihre Zugehörigkeit zum Projekt, meist durch das Addiopizzo- Logo in ihren Schaufenstern, demonstrieren.

Und hier in Deutschland durch den Kauf der Produkte Marke Libera Terra.

Momo verkauft viele Waren mit Mehrwert. Umwelt, Artenschutz, Fairness, eine ganze Litanei an Werten,
diese Mehrwerte waren mir gänzlich neu und ungewohnt. Existentielle Werte, die das Leben im Süden Europas grundsätzlich zum Positiven hin verändern. Und die Projekte wachsen, weltweit.